Wer keine Kundschaft hat, kann keine Geschäfte machen und erzielt keine Gewinne. Kund:innen sind also das Um und Auf des Geschäftslebens. Alle, die sich erfolgreich behaupten wollen, tun gut daran, sich einen potenten Kundenstock zu erarbeiten und diesen durch seriöse Angebote, guten Service und zuvorkommenden Umgang langfristig zu halten.

Im hektischen Alltag ist uns nicht immer bewusst, wie bedeutend die Kund:innen für das Unternehmen sind. So manche Organisation ist, zumindest zeitweilig, so sehr mit sich selbst beschäftigt, sodass Kundschaft fast als ein Störfaktor erscheint. „Im Spital wär’s ja schön zu arbeiten, wenn bloß die lästigen Patienten nicht wären“, brachte es einmal ein Arzt augenzwinkernd auf den Punkt. Dasselbe sagten wir, die Universitätsangehörigen, über die Studierenden. Abgesehen von der (beabsichtigten) Absurdität dieser Aussagen sprachen wir damit wohl vielen Mitarbeiter:innen, die tagtäglich mit anspruchsvollen Kundinnen und Kunden zu tun haben, aus der Seele.

Erfolgreicher Kundenkontakt

Als Mitglied der Geschäftsleitung habe ich selbst wenig direkten Kontakt mit den Kundinnen und Kunden, die unsere Produkte kaufen und unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Über unsere Mitarbeiter:innen bekomme ich jedoch einiges aus dem Kundenverkehr mit. Nicht zuletzt unterschreibe ich viel Korrespondenz, die an Kund:innen geht.  

Nicht allen Menschen ist es von Haus aus gegeben, mit Kund:innen gut umzugehen. Zum erfolgreichen Kundenverkehr gehört ein gewisses Maß an Kontaktfreude, Feingefühl und eine gefestigte Persönlichkeit. Introvertierte Menschen, die nicht gerne kommunizieren, „stolze“ Menschen, denen es widerstrebt, eine serviceorientierte Haltung einzunehmen, Rechthaber oder Kraftmeier, sowie alle, die nicht in der Lage sind, die Welt auch aus der Perspektive der Kundschaft zu betrachten, haben es im Umgang mit Kund:innen schwer. Auch jene Verkäufer:innen, die weder Interesse an ihren Produkten noch an ihren Kund:innen haben und ihre Wurstigkeit in manchmal schon provokanter Weise vor sich hertragen – indem sie zum Beispiel lieber am Handy spielen als die Kundschaft nach ihren Wünschen zu fragen – sind im Kundenverkehr fehl am Platz.

Umgang mit „schwierigen“ Kund:innen

Zugegeben, es ist ja auch nicht immer einfach mit der Kundschaft. Sie verhält sich nämlich nicht immer wie der sprichwörtliche König. Und so gibt es eine Vielzahl von Ratgebern, Seminaren und Coaching-Veranstaltungen, die sich dem Thema „Umgang mit Kund:innen“ widmen. Einige dieser Angebote tragen den Zusatz „schwierige Kund:innen“ mit im Titel. Der Besuch solcher Seminare ist aufschlussreich – auch für jene, die keine grundsätzlichen Probleme mit Kund:innen haben. Auch sie lernen dabei viel Interessantes, und nicht nur über die Kundschaft, sondern vor allem auch über sich selbst.

Privatperson oder Repräsentant:in des Unternehmens?

Als Mitarbeiter:in sollte man sich immer der Tatsache gewahr sein, dass man im Kundenkontakt nicht als Privatperson, sondern als Repräsentant:in des Unternehmens auftritt. Dadurch rechtfertigt sich unter anderem, seitens der Firma für den Kundenverkehr Verhaltensstandards einzuführen. Diese sollen einerseits ein einheitliches Auftreten der Mitarbeiter:innen gewährleisten. Andererseits erleichtern Verhaltensregeln auch den Arbeitsalltag mit der Kundschaft, weil sie persönliche Distanz vermitteln, was insbesondere im Konfliktfall hilfreich ist.

Kundenpolitik des Unternehmens

Standards für den Kundenkontakt können sich auf das Erscheinungsbild und das Verhalten von Mitarbeiter:innen, oder generell auf die Kundenpolitik des Unternehmens beziehen. Bekleidungsvorschriften gehören ebenso dazu wie etwa Höflichkeitsformeln, mit denen die Kundschaft am Telefon begrüßt wird, oder die im persönlichen oder schriftlichen Kontakt mit Kund:innen anzuwenden sind. Viele Unternehmen etablieren auch ein Beschwerdemanagement, also Vorgaben in Bezug auf die Behandlung von Beschwerden oder zumindest Anordnungen dahingehend, in welchem Zeitraum und in welcher Form Anliegen von Kund:innen zu bearbeiten bzw. zu beantworten sind.

Wie soll man der Kundschaft begegnen?

Fragt man sich, mit welcher Haltung Kund:innen zu begegnen ist, braucht man eigentlich nur an sich selbst zu denken. Habe ich persönlich die Wahl zwischen Supermarkt X und dem nicht viel weiter entfernten Supermarkt Y, dann gehe ich in dorthin, wo das Personal freundlicher ist. Behandelt man mich in einem Geschäft unhöflich, belehrend oder von oben herab, werde ich dieses Geschäft in Zukunft meiden und in ein anderes gehen, wo man sich zu benehmen weiß.

Im Grunde ist der Umgang mit Kundschaft also gar nicht so schwierig, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Kund:innen Menschen sind, die bereit sind, ihr Geld für etwas auszugeben, das unser Unternehmen herstellt oder vertreibt. Sofern dieses Unternehmen keinen Monopolbetrieb darstellt, gibt es für gewöhnlich eine Reihe von Konkurrenzunternehmen, die ähnliche Produkte oder Dienstleistungen anbieten, und an die sich die Kundschaft genauso gut wenden kann. Kommt der Kunde/die Kundin dennoch zu uns, sollten wir ihm/ihr entsprechend wertschätzend begegnen.

Höflichkeit, Respekt, Wertschätzung

Wie bei allen menschlichen Kontakten sind im Umgang mit Kundschaft Höflichkeit, Respekt und Wertschätzung das erste Gebot. Ein ruppiger Tonfall steht allenfalls einem älteren Kellner in einem traditionellen Wiener Kaffeehaus zu, wo dies zur lokalen Folklore gehört. Alle anderen Dienstleister:innen sollten sich einer freundlichen Ansprache bedienen. Sie sollen Kund:innen nicht sinnlos beschwatzen („Aber ich sage Ihnen doch, diese Farbe ist der letzte Schrei“), von oben herab behandeln (so wie es Handwerker oder Autoverkäufer gerne mit Frauen machen), für dumm verkaufen oder veräppeln. Sie sollten Kund:innen auch nicht belehren („Sie müssen doch zuerst zum Kollegen gehen und dann erst zu mir kommen!“) oder tadeln („Sie haben das falsch ausgefüllt“) oder bloßstellen („Ich habe Ihnen das eh schon erklärt!“ oder: „Das steht doch eh ausführlich in der Beschreibung!“). Auch auf Fehler hinweisen („Das hätten sie genauer lesen müssen“) und um die Schuldfrage zu streiten („Ich habe es Ihnen ja gesagt, aber Sie haben es falsch verstanden“) ist im Kundenverkehr ziemlich unangebracht.

Mit Kund:innen streiten?

Im Fall eines Konflikts sollte man mit Kund:innen nicht streiten. Es ist vielmehr ein Zeichen von persönlicher Souveränität, sich zu entschuldigen auch wenn die Kundschaft (wahrscheinlich) Unrecht hat. „Tut mir leid, das war wohl nicht ganz klar formuliert“, könnte man zum Beispiel sagen. Damit vergibt man sich nichts und nimmt der aufgebrachten Kundschaft rasch den Wind aus den Segeln.

Anliegen von Kund:innen sind immer wichtig

Man sollte Kund:innen immer das Gefühl vermitteln, dass sie und ihre Anliegen wichtig sind – auch wenn nicht jeder Wunsch erfüllbar ist. Insbesondere bei Reklamationen oder anderen strittigen Fällen sollte man Kund:innen glaubhaft versichern, dass man bereit ist, eine Lösung für das Problem zu suchen, und dass sie nicht erst auf die Barrikaden steigen müssen um zu ihrem Recht zu kommen. Bei Streitfällen ist überdies zu beachten, dass es neben den sachlichen Fakten auch eine Ebene der Befindlichkeiten gibt, die ebenfalls „bedient“ werden will. Ich persönlich habe gute Erfahrungen damit gemacht, mich in heiklen Fällen in meiner Funktion als Chefin, der Sache anzunehmen. Damit werte ich das Anliegen der Kundschaft automatisch auf.

Der Kunde, die Kundin sollte nie mit einem schlechten Gefühl weggehen müssen, denn neben der Frustration, den ein solches erzeugt, schadet es auch dem Ruf des Unternehmens.

Höflichkeit auch im Schriftverkehr per E-Mail

Heutzutage findet viel Kundenkontakt schriftlich und über elektronische Medien statt. Für den Schriftverkehr mit der Kundschaft gilt grundsätzlich dasselbe wie für persönliche Begegnungen: Höflichkeit, Respekt und Wertschätzung sollten auch in der Korrespondenz zum Ausdruck kommen – insbesondere auch in E-Mails, die ja mittlerweile als Dokumente gelten. Auch an E-Mails sollten dieselben Höflichkeits- und Grammatikstandards angelegt werden wie an ausgedruckte Schreiben.

Gibt es vorgegebene Standard-Textbausteine für die Geschäftskorrespondenz, sollte man veraltete Floskeln, die noch aus einer weniger serviceorientierten Zeit stammten, entfernen und sie durch freundliche, wertschätzende Formulierungen, die der heutigen Zeit angemessen sind, ersetzen. Wie in allen anderen Lebensbereichen macht auch im Geschäftsleben der Ton die Musik.

Kommt die Botschaft an?

Formuliert man einen Geschäftsbrief, sollte man sich versichern, dass die Botschaft, die man überbringen will, wirklich klar und unmissverständlich dargelegt ist. Egal, ob es sich um Aushänge, Rundschreiben, Briefe oder E-Mails handelt – es sollte niemals nötig sein, des Text dreimal zu lesen um herauszufinden, was gemeint sein könnte. Ebenso sollte man kryptische Formulierungen oder Jargon, der nur firmenintern verstanden wird, vermeiden. Geht es um eine kompliziertere Sache, hat der er Kunde, die Kundin – immerhin eine erwachsene Person auf Augenhöhe – das Recht, die jeweilige Sachlage verständlich und respektvoll erklärt zu bekommen.

Im Zweifelsfall versetze man sich mental in die Lage der Adressat:innen und prüfe das Schreiben dahingehend, ob alle Information enthalten ist, und welche Gefühle es beim Empfänger/der Empfängerin auslösen wird. Würde ich (als Nicht-Fachkraft) den Inhalt verstehen? Würde ich mich, auch wenn das Schreiben eine Absage enthält, dennoch auf Augenhöhe behandelt und respektiert fühlen? Auf sorgfältige Formulierung ist insbesondere dann zu achten, wenn der Brief eine Absage enthält. Es macht einen großen Unterschied, ob man dem Kunden, der Kundin in schroffen Worten mitteilt, dass er/sie das Gewünschte nicht erhalten wird, oder aber Verständnis für das Anliegen zeigt, und gut begründet, warum man ihm bedauerlicherweise nicht entsprechen kann.

Wie rasch muss man antworten?

In unserem Unternehmen landen manche Beschwerden bei der Geschäftsleitung, weil die Kundschaft der Meinung ist, dass man sie mit ihrem Anliegen zu lange warten lasse. „Ich habe am soundsovielten des Monats geschrieben“, heißt es dann im Folgeschreiben, „und bis heute, also zum Beispiel eine Woche später, noch immer keine Antwort erhalten.“ Bekomme ich ein solches Schreiben, frage ich in der jeweiligen Abteilung nach – und erhalte meistens die Auskunft, dass die Sache, die die Kundschaft wünscht oder beanstandet hat, ohnehin bereits beauftragt oder gar schon in Arbeit ist. Das ist an sich gut, nur was hilft das, wenn die Kundschaft nichts davon erfährt – nicht einmal, ob ihr Schreiben im Unternehmen eingelangt ist?

Man kann sich im elektronischen Kundenverkehr mit automatischen Eingangsbestätigungen à la „Wir haben Ihr Schreiben erhalten, werden uns der Angelegenheit annehmen und melden uns bald wieder“ behelfen. Ich behaupte, dass selbst ein automatisch generiertes Mail wesentlich dazu beiträgt, die Kundschaft erst einmal zufrieden zu stellen.

Natürlich gibt es auch Kund:innen, die davon ausgehen, dass ihr Anliegen das wichtigste ist, und einen Tag nach ihrem ersten Mail ein zweites mit einer Nachfrage schicken, auch wenn sie eine Eingangsbestätigung erhalten haben. In Zeiten des elektronischen Briefverkehrs müsste ja, so meint man, alles ein bisschen schneller gehen. Diesen Kund:innen muss man eben dann auch sagen, wie lange sie voraussichtlich auf die Bestellung oder die Serviceleistung werden warten müssen – vielleicht mit dem Ausdruck des Bedauerns, dass es nicht schneller geht.

Kund:innen verhalten sich nicht immer wie König:innen

Niemandem, der im Dienstleistungssektor oder bei einer Behörde arbeitet, bleiben unangenehme Situationen mit Kunden und Kundinnen erspart, denn wie schon an anderer Stelle angemerkt, benehmen sich Kund:innen nicht immer wie Könige oder Königinnen. Ich persönlich bleibe auch in Fällen, in denen sich die Kundschaft danebenbenimmt, grundsätzlich höflich. Meist führt meine dargebrachte „Noblesse“ dazu, dass das Gegenüber auf meinen Ton einschwenkt. Schimpft der Kunde/die Kundin weiter, dann breche ich ein Gespräch auch mal ab – und stelle mich hinter meine Mitarbeiter:innen, wenn sie dasselbe tun. Gelangt ein Konflikt, den ein/e Mitarbeiter:in mit einer Kundschaft hat, zu mir, entschuldige ich mich für das Verhalten meiner Mitarbeiter:innen („Ich kann mir das zwar nicht vorstellen, denn Herr P. ist ein sehr höflicher junger Mann, aber wenn er sich dennoch im Ton vergriffen haben sollte, bitte ich hiermit um Entschuldigung.“) Ich stelle dann aber auch der Kundschaft gegenüber unmissverständlich klar, dass meine Mitarbeiter:innen nicht beschimpft werden dürfen.

Mit den betroffenen Mitarbeiter:innen bespreche ich solche Fälle dann unter vier Augen. Mantra-mässig erinnere ich sie daran, dass der Unmut der Kundschaft nicht ihnen als Person gilt, sondern der Funktion, die sie im Unternehmen bekleiden. Diese Sichtweise hilft zumindest ein wenig, sich innerlich von unangenehmen Situationen zu distanzieren.

Ich habe in unserem Unternehmen mittlerweile dafür gesorgt, dass niemand mehr den ganzen Tag für Kundenkontakte zur Verfügung stehen muss. Der Telefondienst wurde so umorganisiert, dass alle Sachbearbeiter:innen zumindest den halben Tag arbeiten können, ohne Anrufe entgegenzunehmen. Zusätzlich werden die Kund:innen ermutigt, uns ihre Anliegen per E-Mail zu unterbreiten.

Kund:innen sind Menschen

Der Umgang mit der Kundschaft ist manchmal mühsam. Kundinnen und Kunden stellen aber nicht nur den Geschäftserfolg sicher. Man kann mit ihnen auch oft Spaß und Freude haben, denn auch sie sind nicht nur Konsument:innen, sondern in erster Linie Menschen, die sich über ein freundliches Lächeln, ein wenig Smalltalk oder eine kleine humorvolle Bemerkung freuen und sich wertgeschätzt fühlen, wenn man sie mit ihrem Namen anspricht, und denen man vielleicht den Tag rettet, wenn man in einer strittigen Angelegenheit Großzügigkeit und Kulanz walten lässt.

Auf afrikanischen Märkten kann man beobachten, wie Verkäufer:innen und Käufer:innen einander nach einem geschlossenen Deal die Frage stellen: Bist du mit dem Geschäft zufrieden?

Bejahen dies beide, dann ist alles in Ordnung.

DER NÄCHSTE BEITRAG WIRD ES UMS THEMA „FREUNDSCHAFT“ UND JOB GEHEN.